Im Zentrum von Aalen-Wasseralfingen liegt der weitläufige Stefansplatz. Mit den ihn umgebenden Bauwerken, u. a. der katholischen Kirche Sankt Stephanus, dem Kulturzentrum Bürgerhaus mit seiner Museumsgalerie, dem Rathaus und dem Pfarrhaus strahlt der Platz eine beschauliche Großzügigkeit aus, die dazu noch die reiche Industrie- und Kulturgeschichte des Ortes widerspiegelt. Besondere künstlerische Zeugnisse sind hier versammelt und diese Kunst am Stefansplatz bietet besondere Seherlebnisse.
Sieger Köder ist am 9. Februar 2015 von uns gegangen. Neun Jahrzehnte voller Schaffenskraft, Kreativität und Lebensfreude sind zu Ende gegangen. Der große Künstler und vorbildliche Priester, der dem Leben, aber auch den Sorgen und Nöten, seiner Mitmenschen stets zugewandte Mensch Sieger Köder wird uns fehlen. Am 3. Januar konnte er die Feierlichkeiten zu seinem 90. Geburtstag nur vom Krankenbett aus verfolgen. Er hinterlässt ein umfassendes Erbe: einen großen Schatz aus einzigartigen künstlerischen Werken sowie bleibenden Eindrücken seiner Weisheit und Güte, bei den Menschen, die ihm begegnen durften.
Aalen und Wasseralfingen verdanken Sieger Köder sehr viel. Seine Werke machten ihn weit über unsere Region, auch international, bekannt. In ganz Europa, so auch in Rom und Paris, findet man seine Bilder, Glasfenster oder Skulpturen. Sieger Köder gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten für moderne religiöse Kunst. Sein vielfältiges künstlerisches Wirken wird in der Region, in Aalen und vor allem in seinem Geburtsort Wasseralfingen immer sichtbar bleiben.
Die innige Verbindung zu seinem Heimatort zeigte sich nicht zuletzt in den großen Sonderausstellungen aus Anlass seiner runden Geburtstage. Dabei ehrte er die Ausstellungsorganisatoren nicht nur durch seine Präsenz im Rahmen der Vernissagen, sondern auch durch die großzügigen Schenkungen seiner Werke an die Stadt Aalen und den Bund für Heimatpflege Wasseralfingen.
Während seiner Jahre als Kunsterzieher am Schubart-Gymnasium Aalen führte Sieger Köder ganze Schüler-Generationen mit unkonventionellen Unterrichtsangeboten an Kunst und Kultur heran. Noch heute werden die damals entstandenen Filme gezeigt, wenn die ehemaligen Schubartianer zu Treffen zusammenkommen. Anlässlich der Kunstausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Schubart-Gymnasiums im Sommer 2014 konnte er die Früchte seines pädagogischen Wirkens für eine nachhaltige Kunstszene Ostwürttemberg erleben. Er hat eine Reihe von Künstertalenten entdeckt und gefördert.
Ausstellungen und Ehrungen
Zum 60., 70., 75., 80. und 85. Geburtstag fanden große Sonderausstellungen Sieger Köders in Aalen bzw. in Wasseralfingen statt, die stets Rekordbesucherzahlen verzeichnen konnten. Sieger Köders Schaffen trug maßgeblich zum Ansehen der Stadt Aalen als einer kunstsinnigen und kunstfreudigen Stadt bei.
Die dreiteilige Ausstellung zum 85. Geburtstag stand ganz im Zeichen des Harlekin und Narren – ein Ködersches Ur-Motiv - und fand gleichzeitig an drei Ausstellungsorten statt: in der Rathausgalerie Aalen, in der Hauptstelle der Kreissparkasse Ostalb und im Alten Rathaus. Auch dieses Ausstellungsprojekt unter dem Titel „... und Narren sind wir alle“ fand überregional große Beachtung.
Im Jahr 2000 wurde Sieger Köder mit der großen Ehrenplakette in Silber der Stadt Aalen ausgezeichnet. Diese hohe Auszeichnung galt in erster Linie seinem intensiven Wirken für die Bildende Kunst, aber auch seinen Verdiensten für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger von Aalen und Wasseralfingen.
Die zur Feier des 90. Geburtstages im Jahr 2015 geplanten Jubiläums-Ausstellungen in Ellwangen, Rosenberg und Aalen werden an den verstorbenen Künstler und sein Lebenswerk erinnern.
Vom 7. März bis 27. September findet im Museum Wasseralfingen im Bürgerhaus die Ausstellung "Der stille Klang. Sieger Köder in Wasseralfingen" statt. |
Das dominierende Gebäude am Stefansplatz ist die katholische Pfarrkirche Sankt Stephanus. In den Jahren 1881 bis 1883 wurde sie in der klassischen Form einer dreischiffigen, monumental wirkenden Basilika erbaut. Der Platz mit der beeindruckenden Westfassade, die an italienische Dombauten erinnert, vermittelt fast südländisches Flair. Durch die schwere Kirchentür, die Front aus getriebenem Kupferblech hat Sieger Köder gestaltet, betritt man die Kirche mit ihrem 56 Meter langen Schiff, das eine helle, lichte Raumatmosphäre aufweist. Dieser weitläufige Raum wird von einer Reihe besonderer Kunstwerke akzentuiert. Entlang der Wände der beiden Seitenschiffe hat Sieger Köder einen 14 Stationen umfassenden Kreuzweg geschaffen, der hin zum Zentrum der Apsis führt, wo das malerische Hauptwerk des wohl bekanntesten deutschsprachigen religiösen Künstlers den Blick anzieht.
Der Wasseralfinger Altar, in Anlehnung an die spätgotischen, wandelbaren Flügelaltäre gestaltet, bietet einen einmaligen malerischen Kommentar zu zentralen Wahrheiten und Inhalten des christlichen Glaubens.
Die darüber emportretenden fünf hohen Rundbogen-Bleiglasfenster des namhaften Malers und Akademieprofessors Rudolf Haegele entwickeln mit ihrem vielstimmigen Farbenspiel bei einem entsprechenden Lichteinfall eine gerade mystische Wirkung, die mit dem Altar ein herausragendes Ensemble neuzeitlicher Kirchenkunst bilden.
An der Vorderwand des nördlichen Seitenschiffs schuf Sieger Köder dann von 2001-2003 den von ihm so genannten Frauenaltar. Er zeigt neben den Frauen im Stammbaum Jesu und vier starke Frauenpersönlichkeiten aus den letzten 600 Jahren unserer Geschichte, die ihr Leben an Christus und seiner Lehre orientiert haben: Jeanne d’ Arc, Elisabeth von Thüringen, Edith Stein und Mutter Teresa. Eine großartige malerische Huldigung an das Wirken vieler Frauen im Dienste Gottes.
Über dem Altartisch schwebt, scheinbar leicht und doch massiv wirkend, ein expressives Bronzekreuz von Sieger Köder, das in einzigartiger Weise den Weg vom Leben über den Tod hin zur Auferstehung versinnbildlicht.
In der Mitte des Altars ruht der Tabernakel, dessen aus Bronze gegossenen Türen ebenfalls von Sieger Köder gestaltet wurden.
Nach diesen wunderbaren malerischen Botschaften auf den Altären lohnt sich nun ein Blick zurück durch das Kirchenschiff zur Orgelempore. Hier thront über der Orgelpfeifenreihe eine große, imposante Fensterrose von Helmut Schuster, dem Wasseralfinger Maler und Kunstprofessor, der am ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie) in Karlsruhe unterrichtete. Seine Glasbilder haben als Thema das „Loblied auf das Lamm Gottes“.
Im Eingangsbereich der Kirche beim Aufgang zur Orgelempore zeigt eine kleine Bleiglasrosette von Sieger Köder den Harfe spielenden König David und auf der anderen Seite in einer kleinen Seitenkapelle ist das erste Glasfenster von ihm überhaupt, zu bewundern. Diese Taufrosette zeigt die Taube als Zeichen für das Heilsgeheimnis.
Symbolstark hat Sieger Köder auch den Bronzedeckel des Taufsteins mit Zeichen gestaltet, die den Weg des Lebens von der Geburt bis zum Tod symbolisieren.
Nach dem Verlassen der Kirche durch das Hauptportal fällt der Blick auf eine kleine Parkanlage. In der Mitte der Grünfläche steht der von Sieger Köder im Jahre 2006 gestaltete Stephanus- Saulus- Brunnen.
Nun führt der Weg zum Museum im Bürgerhaus an der südlichen Seite dieser Grünanlage. Im kleinen Hof erinnert der Fischerjunge-Brunnen an die große kunsthandwerkliche Tradition Wasseralfingens, den Eisenkunstguss. In der Galerie werden regelmäßig Kunstausstellungen gezeigt, wobei immer ein Kernbestand von Sieger Köders Werken präsentiert wird. So z.B. sein großer Auferstehungskruzifixus, den er 1969 schuf und der eindrucksvoll über den anderen Kunstwerken „schwebt“.
Vor dem Verlassen des Stefansplatzes lohnt noch die Besichtigung der großen Eingangstüre am Bezirksamt, die ebenfalls von Sieger Köder gestaltet wurde. In diesem Gebäude wurde der Maler 1925 geboren.
Danach führt nun am Westende der Grünanlage ein sanfter Treppenweg hinunter zum Kocher und zu weiteren Kunstwerken. Zuerst steht direkt am Kocher auf einer idyllischen Grünfläche eine lebensgroße Figur im Eisenkunstguss. Sie wurde ebenfalls von Sieger Köder und seinen „Krippelesfrauen“ gestaltet und stellt einen Pilger dar, der die Richtung zum Jakobsweg weist, der unweit vorbeiführt.
Nur wenige Schritte entfernt liegt das im 14. Jahrhundert erbaute Wasserschloss mit einer kleinen Schlosskapelle. Hier schufen vier Künstler Bleiglasfenster unter anderem auch Sieger Köder, der mit seiner Darstellung die Worte des Markus-Evangeliums „In der Wüste bereitet dem Herrn einen Weg“ umsetzt.
Nun führt der Weg circa 200 Meter weiter entlang des Kochers, flussabwärts zur 1353 erbauten Sankt Stephanuskapelle, im Volksmund „Altes Kirchle“ genannt. Der Kirchenbau birgt einen bedeutenden Kunstschatz, den spätgotischen Flügelaltar des Ulmer Malers Martin Schaffner aus dem Jahr 1530. Das sakrale Meisterwerk lässt vermuten, wo Sieger Köder, der als kleines Kind schon diese Malereien bewunderte, sich zu seinen Altar-Meisterwerken inspirieren ließ.
Bezirksamt Wasseralfingen
rathaus.wasseralfingen@aalen.de
Telefon 07361 9791-0 / Fax 07361 9791-33
Katholische Kirche St. Stephanus Wasseralfingen
stephanus.wasseralfingen@drs.de
Telefon 07361 9119-0 / Fax 07361 9119-48
Galerie im Museum Bürgerhaus Wasseralfingen
rathaus.wasseralfingen@aalen.de
Telefon 07361 9791-0 / Fax 07361 9791-33
Die Galerie ist donnerstags, samstags, sonntags und an Feiertagen von
14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet.
Eine Führung auf dem Sieger-Köder-Weg (Gehzeit ca. 20 Minuten) ist ebenfalls im Anschluss an eine Führung in der Kirche oder in der Galerie möglich.