Sehr geehrte Frau Bundesministerin Dr. Hendricks, sehr geehrter Herr Minister Dr. Schmid,
der soziale Wohnungsbau stellt die Kommunen in den nächsten Jahren vor enorme Herausforderungen und die Unterbringung von Flüchtlingen verschärft den Handlungsdruck. Vor allem im günstigen Wohnsegment, bei der Versorgung der unteren Einkommensschichten mit Wohnraum, gibt es einen riesigen Nachholbedarf.
Gleichzeitig muss günstiger Wohnraum für Flüchtlinge bereit gestellt werden.
Vor diesem Hintergrund nehme ich die aktuellen Signale von Bund und Land positiv auf. Der Bund hat für die Jahre 2016 bis 2019 die Mittel für den sozialen Wohnungsbau bereits verdoppelt und angekündigt diese ab 2017 erneut auf dann 2 Mrd. Euro zu verdoppeln. Außerdem wird vom Land Baden-Württemberg das Ziel vorgegeben, bis 2021 zusätzlich 25.000 Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau zu schaffen.
Ich unterstütze und bekräftige Sie eindeutig in Ihren Bestrebungen, bitte aber auch, eine schnelle Umsetzung und klare Regelungen mit ausreichend Zuschüssen für den sozialen Wohnungsbau. Da die bestehenden Programme auch immer stärker durch die Aufgaben der Flüchtlingsunterbringung ausgereizt werden, müssen die zur Verfügung gestellten Mittel deutlich erhöht werden, um auch den klassischen sozialen Wohnungsbau angemessen fördern zu können.
Offener Brief von Oberbürgermeister Thilo Rentschler an Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks und Minister Dr. Nils Schmid Zum einen werden die heutigen Flüchtlinge in den Sammelunterkünften nach Anerkennung ihres Status schon in wenigen Monaten in regulären Unterkünften untergebracht, wodurch der Druck auf günstigen Wohnraum sehr schnell anwachsen wird. Zum anderen muss vermieden werden, dass eine Konkurrenzsituation zwischen Flüchtlingen und Einheimischen entsteht.
Bitte tragen Sie dafür Sorge, dass die Mittel so schnell wie möglich in den Kommunen eingesetzt werden können. Ich möchte auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Wohnungen nicht nur in den Metropolregionen knapp sind oder werden. Die Stadt Aalen liegt mit Ihren bald 70.000 Einwohnern beispielsweise im ländlichen Raum und hat als größte Stadt der Region Ostwürttemberg besondere Aufgaben. Auch bei uns – in einer Stadt mit oberzentraler Funktion – sind die Mieten in den letzten Jahren deutlich angestiegen und immer mehr Menschen sind auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum.
Die Stadt Aalen geht gerne auch mit gutem Beispiel voran. Durch unser „Handlungsprogramm Wohnen“ und einem „Aalener Modell zur Wohnraumförderung“ (s. Anlage) werden Maßnahmen umgesetzt, die den sozialen Wohnungsbau nachhaltig fördern sollen. Auch wird beispielsweise das Jugendwerk Aalen seinen Bestand an günstigen Studentenwohnungen in den kommenden Jahren um mindestens zehn Prozent aufstocken.
Die Kommunen können diese Aufgaben nicht alleine stemmen. Wir sind auf die Fördermittel von Bund und Land angewiesen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, dass Sie sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Haushaltsmittel aufgestockt, für den klassischen sozialen Wohnungsbau eingesetzt und schnell an die Kommunen weitergereicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rentschler
Zusammenstellung „Aalener Modell zur Wohnraumförderung“
1. Säule – Dividende der Wohnungsbau Aalen
Die Stadt Aalen verzichtet ab dem Haushaltsjahr 2016 auf die jährliche Dividendenausschüttung der Wohnungsbau Aalen GmbH (ca. 98.000 Euro). Die Wohnungsbau Aalen verpflichtet sich im Gegenzug, diese Mittel zweckgebunden zur Errichtung von zusätzlichen Sozialmietwohnungen gilt zunächst für 3 Jahre. Jährlich können damit ca. 6 Sozialmietwohnungen entstehen – bis zum Jahr 2020 also bis zu 30 zusätzliche Sozialmietwohnungen alleine durch den Verzicht der jährlichen Dividenden-Ausschüttung.
2. Säule – Erwerb von Belegungsrechten für mittlere Einkommen
Für den Erwerb von Belegungsrechten stellt die Stadt Aalen für die Haushaltsjahre ab 2016 jeweils 90.000 Euro zzgl. Personalkosten zur Verfügung. Damit können ca. 50 Wohneinheiten für mittlere Einkommen auf die Dauer von 10 Jahren gefördert werden. Die Richtlinien werden aktuell ausgearbeitet und sollen noch im Frühjahr 2016 dem Gemeinderat zur Beratung vorgelegt werden.
3. Säule – Vergünstigung von Baugrundstücken für den Bau von Sozialmietwohnungen
Beim Verkauf von städtischen Grundstücken soll ein Nachlass gewährt werden, wenn sich der Erwerber verpflichtet Sozialmietwohnungen zu erstellen. Hierfür wurden für 2016 Haushaltsmittel in Höhe von 90.000 Euro (bis zu 6 Wohneinheiten) zur Verfügung gestellt; für die Jahre 2017 und 2018 jeweils 45.000 Euro (jeweils bis zu 3 Wohneinheiten). Ebenfalls noch im Frühjahr 2016 werden Kriterien ausgearbeitet und es sollen Grundstücke benannt werden, die für diese Förderung in Frage kommen