Eine literarische Revue: Anne-Dore Krohn und Denis Scheck feiern Theodor Fontane
Neue Biografien und Interpretationen rühmen Theodor Fontane als feinsinnigen Psychologen, furchtlosen Realisten oder hellsichtigen Visionär. Auch die Literaturkritikerin Anne-Dore Krohn und der Literaturkritiker Denis Scheck feiern am Dienstag, 15. November, um 19.30 Uhr im Kulturbahnhof (KUBAA) im Rahmen der Aalener Kulturwochen in einer literarischen Revue diesen besonderen Schriftsteller, Journalist und Kritiker. Dabei reduzieren sie Fontane nicht auf den Verfasser heute harmlos anmutender Geschichten von Herzeleid und Ehebruch im alten Preußen. Denn Fontanes Ziel lag weit höher: Er liefert in seinen Büchern einen Spiegel der politischen und gesellschaftlichen Kräfte seiner Zeit. Und er erfindet dafür Figuren, so lebensnah und psychologisch glaubwürdig, dass sie einen ein Leserleben lang begleiten: Effi Briest und Dubslav von Stechlin zum Beispiel, Jenny Treibel oder Schach von Wuthenow.
In ihrer literarischen Revue zeigen Anne-Dore Krohn und Denis Scheck Fontane als Barrikadenkämpfer von 1848 und wenige Jahre später als Wendehals, der sich als „Fronarbeiter mit dem Geiste“ bei der erzreaktionären Kreuzzeitung verdingt und im Auftrag der preußischen Regierung als Journalist getarnt in London „Fake News“ produziert. Sie zeigen den Fontane, der seine geistreiche Frau Emilie und sämtliche Familienmitglieder in seinen „Romanschriftstellerladen“ einspannt, genauso wie den Balladendichter und Militärschriftsteller, nicht zu vergessen den Wanderer in Schottland und in der Mark Brandenburg. Auch der Antisemitismus des alten Fontane wird thematisiert – und die am Ende des Zweiten Weltkriegs verlorenen Manuskripte Fontanes, die so etwas wie das Bernsteinzimmer der deutschen Literaturgeschichte darstellen.
Karten für den Abend gibt es im VVK für 16,40 Euro bzw. ermäßigt 10,90 Euro bei der Tourist-Info Aalen, Telefon 07361 52-2359, oder unter www.reservix.de.
Anne-Dore Krohn, geboren 1977 in Berlin, lebt in Berlin und Brandenburg. Sie hat in Florenz, London, Wroclaw und Berlin Publizistik und Literaturwissenschaften studiert und die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg besucht. Nach einigen Jahren bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und zahlreichen Reisen für den Reiseteil arbeitet sie heute als Literaturredakteurin beim Kulturradio des Rundfunks Berlin Brandenburg. Krohn ist unter andermem Jurymitglied des Walter-Serner- und des Schubart-Literaturpreises und moderiert regelmäßig Lesungen.
Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, kennt den Literaturbetrieb aus vielen unterschiedlichen Perspektiven. Er arbeitete als literarischer Agent, Radioredakteur, Übersetzer und Herausgeber und studierte Germanistik, Zeitgeschichte und Politikwissenschaft in Tübingen, Düsseldorf und Dallas. Heute ist er freier Kritiker, seit 2003 Moderator des ARD-Literaturmagazins „Druckfrisch“ und der SWR-Sendung „Lesenswert“. Er ist außerdem Jury-Mitglied des Schubart-Literaturpreises. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet: Julius-Campe-Preis 2015, Hildegard-von-Bingen-Preis 2014, Bayerischer Fernsehpreis 2013. Außerdem erhielt er den Sonderpreis zum Hajo-Friedrichs-Preis 2012 und den Deutschen Fernsehpreis 2011. Er ist Autor diverser Sachbücher und lebt in Köln.