Autor Boris von Heesen plädiert bei seiner Lesung in der Volkshochschule Aalen für mehr Gleichstellung
64 Milliarden Euro, das sind die Mehrkosten, die der Gesellschaft durch stereotyp männliches Verhalten jedes Jahr entstehen. Autor Boris von Heesen, Männer-, Jungen- und Gewaltberater, hat diese Summe durch einfache Recherche öffentlich zugänglicher Statistiken errechnet. Keine Hochrechnungen, keine Schätzungen. Bei der Lesung seines Buches „Was Männer kosten - Der hohe Preis des Patriarchats“ am 13. März in der Aalener Volkshochschule erklärt er: „Die Dunkelziffer ist natürlich viel höher, die Sekundär- und Folgekosten lassen sich aber in der Regel nicht verlässlich berechnen“.
64 Mrd. Euro reichen aber aus, um Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, dass zu oft übersehen wird: Die „groteske Schieflage“, wenn man Sucht, Verkehrsunfälle und Straftaten durch die Geschlechterbrille betrachtet.
94 Prozent der Gefängnisinsassen sind männlich. 78 Prozent der Suizide werden von Männern begangen. Trotz dieser großen Zahlen stellt von Heesen immer wieder klar: „Es geht mir um die Einzelschicksale, und um die Dramen, die sich jedes Jahr wieder abspielen“. Auch er kennt das Gefühl, als Mann nach einem Maßstab bewertet zu werden, der gänzlich ungesund ist. „Kleine Nackenschläge“ nennt er die Situationen, in denen ihm und seinen Geschlechtsgenossen die Männlichkeit abgesprochen wird, sobald sie sich den vorherrschenden gesellschaftlichen Erwartungen entziehen. Solange politische und finanzielle Entscheidungen immer wieder von Männern getroffen werden, die selbst mit diesem „Normal“ aufgewachsen sind, wundert es den Autor nicht, dass sich für den Mann in den letzten dreißig Jahren eher wenig verändert hat. „Wenn ich Feminismus anspreche, haben die Männer oft ein reflexartiges Zurückzucken. Dabei lohnt es sich besonders für Männer, das mal auszuhalten“. Männer müssten herausgefordert werden, sich mit ihren vermeintlichen Privilegien auseinanderzusetzen, und dann entsprechend gefördert werden. „Es wird ein Gewinn für Männer, wenn die Sorgearbeit gerecht verteilt wird, wenn ihnen der Zugang zu ihren Emotionen nicht so schwer gemacht wird. Es wird ein Gewinn für Männer, Zeit mit ihren Freunden und Familie verbringen zu können. Es wird ein Gewinn für Männer, wenn der Karrieredruck nachlässt. Es wird ein Gewinn für Männer, wenn die Gerichte Väter als sorgende und aufmerksame Elternteile wahrnehmen können“, ist sich Boris von Heesen sicher.