Ortsvorsteherin Heidemarie Matzik hatte zum Jahresauftakt am 26. Januar 2016 in den Rathaussaal eingeladen. Zu dem Thema „Das Zusammenleben in einer sich verändernden Welt“ nahmen neben zahlreichen Repräsentanten des Ortes, Vereinsvertreter, kommunalpolitische Vertreter, Vertreter von Industrie und Handwerk, Arbeitnehmervertretungen und Banken an dieser Auftaktveranstaltung teil.
Ortsvorsteherin Heidemarie Matzik stellte in ihrer Begrüßungsrede das Thema voran, die Welt verändert sich, und zwar rasant – für uns in Europa und für uns in Deutschland. Das Thema Flüchtlinge beschäftige uns allgegenwärtig in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, wie auch Presse, Funk und Fernsehen. Bisher hat die Region Ellwangen durch die Landeserstaufnahmestelle eine große Zahl an Flüchtlingen aufgenommen. Verschiedene Faktoren haben zu dieser massenhaften Einreise nach Europa und besonders nach Deutschland geführt. Die Auswirkungen sind real. So bekräftigte die Ortsvorsteherin, dass sie die humanitäre Haltung und Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel gut nachvollzogen werden könne, angesichts der Situation damals in Ungarn. Die Hilfsbereitschaft und das ehrenamtliche Engagement waren der Politik immer weit voraus. Wir dürfen stolz sein auf die ehrenamtlichen Leistungen aller Menschen in Deutschland. Die Politik in Europa, dem Bund, dem Land muss nun entscheiden, wie es mit den Flüchtlingsströmen weiter gehen soll. Die Probleme, die sich durch die große Zahl der Flüchtlinge ergeben haben, sind bei den politisch Verantwortlichen längst angekommen. Für die Kommunen stellt sich zwischenzeitlich die Aufgabe der Unterbringung der Flüchtlinge vor Ort und das Thema der Integration. Der Ortschaftsrat Unterkochen hat mit einstimmigem Ergebnis dem Bau einer Sammelunterkunft an der Knöcklingstraße zugestimmt. Dies geschah nach langen und intensiven Diskussionen. Unterkochen hat hiermit sich zum Handeln entschieden, weil die Meinung vertreten wurde, vorausschauend zu agieren. Unterkochen war schon oft ein Vorreiter im kommunalen Geschehen. Mit Blick auf die Kirchen, die Vereine und den am Weltmarkt orientierten Unternehmen mit unserer überaus engagierten Kocherburg-Gemeinschaftsschule und den Kinderbetreuungseinrichtungen, sieht die Ortsvorsteherin eine gute Basis, auch ein gutes Miteinander zu schaffen. Das Zusammenleben in unserer wunderbaren Gemeinschaft in Unterkochen und auch sonst überall in Deutschland wird sich nachhaltig verändern. Eine Aufgabe, der sich die Gemeinschaft stellen muss. Ehrlich und aufrichtig muss auch über alle Begleiterscheinungen berichtet werden. Mit unserer Schaffenskraft, so die Ortsvorsteherin, und unserem Einfallsreichtum und vor allem mit der inneren Haltung, dass wir dies auch wollen, was wir tun und tun müssen. Schnelle und einfache Lösungen haben nicht immer funktioniert. Man kennt die Auswirkungen. Sie selbst habe als Flüchtlingskind und die Geschichten aus Flucht und Vertreibung in der eigenen Familie erfahren. In ihren Ausführungen erwähnte Ortsvorsteherin Matzik, dass im März/April eine öffentliche Informationsveranstaltung zur geplanten Sammelunterkunft erfolgen soll.
Auch Oberbürgermeister Thilo Rentschler sprach in seinem Grußwort das Zusammenleben in Unterkochen und in der Stadt Aalen in einer sich verändernden Welt an. Klar sei, dass die Menschen im Ostalbkreis tatsächlich vernetzt in einer globalen Welt leben. Spürbar werde dies, wenn hier in der unmittelbaren Nachbarschaft Flüchtlinge in Bälde einziehen werden. Bisher leben in Aalen Menschen aus über 120 Nationen seit Jahrzehnten friedlich zusammen. Die Stadt Aalen begleitet ein Hilfsprojekt in der türkischen Partnerstadt Antakya in der Provinz Hatai. In dieser Region, die direkt an das Gebiet Syrien angrenze, leben rund 400.000 Flüchtlinge. Ein Viertel davon leben in Camps, die von der UNESCO betreut werden. Leider sind, so der Oberbürgermeister, die Kinder oft die Leid tragenden von Kriegen. Da sind darunter 77.000 Kinder, die nicht in Camps untergebracht sind und so auch keinen Zugang zur Bildung haben. In den staatlichen Schulen kommen diese Kinder nicht unter, nur weil sie arabisch sprechen. Bei einer Besichtigung vor Ort wurde beschlossen, dass Aalen hier helfen muss. Seitdem konnten über rund 100.000 EUR an Spenden eingesammelt werden. Die Stadt habe außerdem per Gemeinderatsbeschluss auch eine städtische Spende von 50.000 EUR zugesichert, so dass 150.000 EUR in die Grenzregion von Antakya fließen werde. Das Land Baden-Württemberg habe von dieser Aktion Kenntnis genommen, unterstützt diese Arbeit und habe den Spendenbetrag verdoppelt. Mit diesem Geld werde eine Schule mit 24 Klassenzimmern gebaut. Dort können rund 1.500 syrische Flüchtlingskinder dauerhaft geschult werden. Oberbürgermeister Rentschler werde mit einer kleinen Delegation Anfang Februar nach Antakya fliegen und sich selbst über den Stand der Planungen informieren.
Honorargeneralkonsul der Republik Mosambik und Präsident der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft Siegfried Lingel richtete ein Grußwort an die Zuhörer und informierte über die Förderaktivitäten. Nach seiner Kenntnis und seinen Erfahrungswerten klopfen an Europas Türen Millionen von Menschen. Dies sei angesichts der Ausgangslage in vielen Ländern in Afrika zu erwarten. Nun müsse über die Bekämpfung von Flüchtlingsursachen nachgedacht werden. Sinnvollerweise gelte es, das Geld dort zu investieren als in behelfsmäßigen Zeltunterkünften hier in Deutschland. Die Vereinten Nationen stellten im Jahr 2014 fest, dass 60 Mio. Menschen weltweit auf der Flucht sind. Die meisten Menschen fliehen vor gewaltsamen Konflikten und Verfolgung. Ziel müsse es sein, dass wir uns darauf konzentrieren, die Perspektivlosigkeit in vielen Herkunftsländern von Flüchtlingen zu bekämpfen. Seine Vorgabe „Packen wir eine der Hauptfluchtursachen bei der Wurzel an". In Mosambik leben rund 25 Mio. Menschen. Etwa die Hälfte aller Erwachsenen sind Analphabeten. Bildungsförderung in Mosambik ist Kernaufgabe der Deutsch-Mosambikanischen Gesellschaft. Siegfried Lingel stellte in seinen Ausführungen fest, dass mit einer Berufs- oder Schulausbildung die Chancen auf ein besseres Leben für die Menschen in Mosambik verbessert werden können. Wir können so viel tun, wir müssen es nur wollen, so Siegfried Lingel.
Landrat Klaus Pavel ging in seinen Ausführungen auf die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Ostalbkreis ein. Derzeit gebe es in Baden-Württemberg ein dreistufiges Modell. Es gebe Erstaufnahmestellen für Flüchtlinge in Heidelberg, Karlsruhe, Meßstetten und Ellwangen. Diese Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sind für alle Asylbewerber und sonstige Flüchtlinge die ersten Anlaufstellen im Land. Von diesen Erstaufnahmestellen werden Asylbewerber nach Asylantragstellung auf die Stadt- und Landkreise verteilt. Danach gebe es die vorläufige Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Eine Gemeinschaftsunterkunft soll nun nach Vorgabe der Stadt und des Kreises mit Zustimmung des Ortschaftsrates auch in Unterkochen gebaut werden. Der Landkreis verwaltet und betreibt diese Gemeinschaftsunterkünfte. Nach Abschluss eines Asylverfahrens oder spätestens nach 24 Monaten werden die Flüchtlinge quotengerecht auf alle Städte und Gemeinden des Kreises verteilt. Ab diesem Zeitpunkt obliegt den Städten und kreisangehörigen Gemeinden die Unterbringung. Der Landkreis sorgt dann für die soziale Beratung und Betreuung der Flüchtlinge. Mit einem aktuellen Schaubild wurde die Bewohnerzusammenstellung im Ostalbkreis näher dargestellt.
Die Situation im Ostalbkreis stelle sich wie folgt dar, dass derzeit 70 Unterkünfte in 20 Städten und Gemeinden im Ostalbkreis gegeben sind. All diese Einrichtungen werden vom Landkreis betrieben. In vorläufigen Unterkünften sind derzeit über 1.000 Menschen, weitere ca. 1.000 Flüchtlinge sind in der Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden. Stolz dürfe der Landkreis darauf sein, dass bislang ein gutes und wachsendes Ehrenamtnetzwerk in vielen Städten und Gemeinden großartig funktioniere. Den Flüchtlingen, die sich bislang im Kreis aufhalten, werden Sprachkursmöglichkeiten angeboten. Besonders lobend erwähnte Landrat Pavel das ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingsarbeit. Hier werde besonders an allen Wohnheimstandorten ein vielfältiges ehrenamtliches Engagement eingebracht, wie beispielsweise Kinder- und Hausaufgabenbetreuung, Sportangebote, Begegnungsmöglichkeiten, Förderung von handwerklichen Fähigkeiten, Sprachkursangebote, Informationen und Schulungsreihen. Eine große Aufgabe stelle auch die Betreuung von jungen Flüchtlingen unter 18 Jahren. Im Ostalbkreis ist derzeit eine Vielzahl von unbegleiteten minderjährigen Ausländern. Hier liege die besondere Aufgabe darin, dass die Inobhutnahmen in Einrichtungen der Jugendhilfe oder Gastfamilien funktioniere. Für Unterkochen bedeute es, dass eine Gemeinschaftsunterkunft zur vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen gebaut wird. Vorgesehen ist ein Gebäude, das vom Landkreis gebaut und erstellt werde für 80 Personen mit einer ständigen Betreuung.
Die Anwesenden nahmen all die Ausführungen zur Kenntnis und mussten feststellen, dass dies eine große Aufgabe darstelle, sich all diesen Anliegen zu stellen und für die Menschen zu arbeiten.
Die musikalische Umrahmung zum Jahresauftakt gestalteten Frau Pia Geiger und Herr Stephan Kühling.
Informationsveranstaltung im Frühjahr über den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft an der Knöcklingstraße
Der Termin wird im März oder April 2016 in der Festhalle sein.
Die Bevölkerung wird über den genauen Zeitpunkt noch informiert.
(Text: Hubert Mahringer)