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Gedenkabend für die Opfer des KZ-Außenlagers Wiesendorf

Am 23. Januar gedachten über 280 Bürgerinnen und Bürger in der Sängerhalle Wasseralfingen den polnischen Häftlingen, die im Winter 1944/1945 im KZ „Wiesendorf“ interniert waren. An ihr Schicksal erinnern nun fünf Informationstafeln, eine Stolperschwelle und eine Stele des Künstlers Werner Zaiß.

Auf dem Bild sind Ortsvorsteherin Andrea Hatam (rechts), Oberbürgermeister Frederick Brütting (Mitte) und der Künstler Werner Zaiß (links) beim Enthüllen der Erinnerungsstele zu sehen.
Ortsvorsteherin Andrea Hatam (rechts), Oberbürgermeister Frederick Brütting (Mitte) und der Künstler Werner Zaiß (links) beim Enthüllen der Erinnerungsstele. (© Stadt Aalen)

„Jahrzehntelang wurde die Existenz des KZ-Außenlagers verdrängt, schlimmer noch: totgeschwiegen“, gab Ortsvorsteherin Andrea Hatam in ihrer Begrüßung zu bedenken. Zwar bemühte sich der ehemalige Stadtarchivar Karlheinz Bauer, den Hatam an diesem Abend ebenfalls begrüßen konnte, ab 1984, die Erinnerung an das Lager wachzurufen. Aber erst in den vergangenen Jahren formierte sich ein breites Bündnis von Vereinen, Kirchen, Schulen und Verwaltung, das sich diesem schwierigen Kapitel der Wasseralfinger Geschichte annahm.

Auch Oberbürgermeister Frederick Brütting lobte das bürgerschaftliche Engagement und den geschlossenen Rückhalt für das Projekt im Ortschaftsrat. Besonders freute er sich auch über das dezentrale Erinnerungskonzept „Orte der Erinnerung“, das das Gedenken im Ortsbild verankert. An fünf ausgewählten Orten, die in Zusammenhang mit dem KZ-Außenlager stehen, zum Beispiel am polnischen Gräberfeld auf dem Friedhof Wasseralfingen, berichten Infotafeln über das Schicksal der KZ-Häftlinge. Bereits im August 2023 hatte der Künstler Gunter Demnig eine Stolperschwelle am ehemaligen Standort des Lagers an der Ecke Kolpingstraße/Rosenstraße verlegt. 

Warum das KZ Wiesendorf errichtet wurde

Über die Geschichte des KZ-Außenlagers Wiesendorf in Wasseralfingen berichtete Stadtarchivar Dr. Georg Wendt. Demnach entwickelte sich das Unternehmen Alfing während des zweiten Weltkrieges zu einem unverzichtbaren Rüstungsunternehmen für die Herstellung von Kurbelwellen in Jagdflugzeugmotoren. Um die Produktion vor alliierten Bombenangriffen zu sichern, befahl das Rüstungsministerium der Firma Alfing im Frühjahr 1944, einen Teil der Produktion unter die Erde zu verlegen. Die Bauleitung übernahm im Herbst 1944 der paramilitärische Bautrupp Organisation Todt (OT). Da Arbeitskräfte zum Kriegsende sehr knapp waren, forderte die OT bei der SS polnische KZ-Häftlinge an, die kurz zuvor nach Niederschlagung des Warschauer Aufstandes ins KZ Dachau verschleppt worden waren.

Am 27. September 1944 trafen diese 400 KZ-Häftlinge in Wasseralfingen ein. Untergebracht waren sie in Baracken am heutigen Eck Rosen-/Kolpingstraße, die südlich an das bereits bestehende SHW-Arbeitslager „Wiesendorf“ angrenzten. Unter härtesten Bedingungen mussten sie täglich elf Stunden in Holzschuhen und im Wasser stehend Stollen in den Schiefer treiben – ohne ausreichende Kleidung und Nahrung. 

Misshandlungen, Hunger und Krankheiten dezimierten die Häftlingszahl ab November 1944 massiv, was die Lagerleitung billigend in Kauf nahm: Vernichtung durch Arbeit. Anfang Februar 1945 wurde das KZ-Außenlager Wiesendorf endgültig aufgelöst. Weniger als die Hälfte der Wasseralfinger KZ-Häftlinge sollte das Kriegsende überleben – selbst für damalige Zeiten eine erschreckend hohe Sterblichkeitsrate. In Wasseralfingen selbst starben bis zu 54 Polen. 33 von ihnen haben nach dem Krieg ihre letzte Ruhestätte auf dem polnischen Gräberfeld des Wasseralfinger Friedhofs gefunden. 

Über Jahrzehnte wurde das Schicksal der KZ-Häftlinge verschwiegen – in Wasseralfingen wie auch in ganz Württemberg, wie Dr. Marco Brenneisen (Marchivum Mannheim) in seinem Vortrag bei der Gedenkveranstaltung versicherte. Erst in den 1980er Jahren begann landesweit die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels.

Eine Informationstafel auf dem Friedhof erinnert seit kurzem an ihr Schicksal. Im Anschluss an die Veranstaltung enthüllte der Aalener Künstler Werner Zaiß zusätzlich eine Erinnerungsstele am Rathaus Wasseralfingen. Auf der Tafel neben der Stele sind die Namen der polnischen KZ-Häftlinge aufgelistet.

INFO:

Weitere Informationen zum KZ „Wiesendorf“ sind auf der Seite www.aalen.de/kz zu finden. 

© Stadt Aalen, 25.01.2024