Bekannte zeitgenössische Karikaturisten und Meister der komischen Kunst beleuchten in den Bildern der Ausstellung „Das Alter in der Karikatur“, die von 5. bis 31. Juli im Foyer des Aalener Rathauses zu sehen ist, das viel diskutierte Thema Alter. Idee und Konzeption stammen von Kuratorin Dr. Franziska Polanski. Im folgenden Interview erzählt sie u. a., wie sie auf die Idee für die Ausstellung kam und welches ihr Idealbild vom Älterwerden ist.
Ich habe am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg ein Forschungsprojekt über Altersbilder in Karikaturen durchgeführt. Dabei ging es besonders um unbewusste Einstellungen zum Alter, die sich im Humor offenbaren. Daraus entwickelte sich die Idee, eine Ausstellung mit Karikaturen zum Thema Alter durchzuführen. Und weil die Besucher der ersten Ausstellung so gerne und so unbedingt die Karikaturen in Buchform haben wollten, habe ich das Buch „Das Alter in der Karikatur“ aufgelegt. Mit Bildern bekannter Karikaturisten und Meister der komischen Kunst aus dem deutschen Sprachraum. Dabei griff ich natürlich auf meine Erfahrungen auf praktischen Gebiet zurück, ich beschäftige mich ja schon viele Jahre lang mit Humor und Satire, als Autorin. Habe lange für Humorseiten großer Zeitungen geschrieben, Kabaretts wie die Leipziger Pfeffermühle, den Hörfunk etc.
Selbstverständlich darf man lachen, man kann ja gar nicht nicht lachen. Man muss einfach lachen, es ist etwas Spontanes. Wenn man das Lachen verbietet oder diskreditiert, dann wird eben in den Hinterstuben weitergelacht. Auch betroffen sein kann man selbstverständlich nicht auf Befehl. Man ist innerlich bewegt oder ist es nicht. Ich finde es auch schrecklich, wenn Menschen Betroffenheit heucheln. Diese ganze „Was darf man, was darf man nicht?“ -Diskussion zeigt eine vollkommene Verunsicherung in unserer Gesellschaft. Wir trauen uns offenbar selbst nicht mehr über den menschlichen Weg. Wir haben ein paar Regeln und Gesetze, nach denen wir uns richten, aber keinen Werte mehr, auf die wir uns verlassen können. Wenn man möchte, dass Menschen nicht an der falschen Stelle lachen, dass sie einander mit ihren „Scherzen“ nicht verletzten, dann muss man viel früher anfangen als bei einer
Diskussion über Verbote. Bei der Herzensbildung, in der Kindheit Feinsinn fördern, Sensibilität, aber bitte die für andere Menschen, nicht nur Eigensensibilität. Natürlich spielt auch die Veranlagung eine große Rolle. Es gibt so viele unterschiedliche Arten von Humor wie es Menschen gibt. Deswegen sagt das, worüber ein Mensch lacht, so viel über ihn aus. Und deswegen verunsichert Humor auch so sehr, er kann einen Menschen vollkommen decouvrieren. Eine rational schön polierte Oberfläche in Nullkommanichts zusammensacken lassen.
Dass seit Jahren und Jahrzehnten viele schöne Worte über das Alter gemacht werden, ohne dass sich etwas ändert. Die entscheidenden Einstellungen zum Alter sind weiterhin miserabel, kaum jemand will etwas mit dem eigenen Alter zu tun haben. Da wird eine riesige Gruppe von Menschen abgewertet, zu der übrigens früher oder später jeder potentiell dazugehört. Häufig findet Altersdiskriminierung ganz en passant statt und zwischen den Zeilen, sie ist so selbstverständlich, dass alte Menschen schon gar nicht mehr auf die Idee kommen, aufzumucken - zumal in der Gesellschaft des Jugendwahns. Jeder inkorporiert gleichsam schon in frühester Kindheit negative Altersstereotype aus dem kulturellen Umfeld, sie zirkulieren dort sozusagen unter der Hand. Darüber wird im Altersdiskurs aber kaum geredet, denn zurzeit ist in Politik und Altersforschung ja die Verbreitung positiver Altersbilder en vogue. “Aktiv Altern“ heißt das Zauberwort, das Rezept gegen den demografischen Wandel. Und dieses Politkonzept wird mit allen Mitteln unter das Volk gebracht. Ständig werden die „Potenziale und Chancen“ des Alters gepriesen und die sogenannte Optimierung des Alters als Leitbild ausgegeben. Alte Menschen sollen fit bleiben, aktiv, Körper und Geist trainieren usw. Damit sie als Kostenfaktoren möglichst wenig ins Gewicht fallen. Das ist doch die Wahrheit. Aber das ist alles nur Oberfläche, mich interessiert das, was im Altersdiskurs nicht gesagt wird.
Ein ganz normaler Mensch möchte ich sein und auch so betrachtet werden.
Die Chefin von Mercedes ist 76 und schmeißt den Laden mit Bravour. Im Bundeskanzleramt hat man ohne Denkfabrik erkannt, dass Lastenfahrräder für 82-Jährige ungeeignet sein könnten. Und ältere Menschen gehen auf die Barrikaden gegen Altersdiskriminierung, besonders aber für Tierrechte. „Fridays for future“ darf sich gerne anschließen.
Ärztin, Wissenschaftlerin und Schriftstellerin. Studium der Medizin, Germanistik und Kunstgeschichte, Promotion in Medizin 1985. Über drei Jahre Assistentin des Opernregisseurs Jean-Pierre Ponnelle. Als Autorin wurde sie einem breiten Publikum besonders durch ihre über 15 Jahre lang regelmäßig erscheinenden Veröffentlichungen auf der Letzten Seite der Süddeutschen Zeitung bekannt. Langjährige Arbeit als Autorin für den Hörfunk. insbesondere SWR 2, BR 2 und HR2. Mitarbeiterin renommierter Kabaretts wie der Leipziger Pfeffermühle, 1999 der Münchener Lach- und Schießgesellschaft, zahlreiche Buchveröffentlichungen bei Ullstein und anderen renom mierten Verlagen. 2017 erschien ihr Buch „Da lernt´ ich wohl, was Liebe sei - Richard Wagners Hunde“, in dem die Geschichte von Wagners Hunden „erstmals gründlich recherchiert“ (E. Büning, FAS) dargestellt wird.